Streetfotografie – Doch keine Haushaltsausnahme (DSGVO)?

Wie geht es eigentlich mit der Straßenfotografie in Deutschland weiter? Wird es sie in der Form noch geben? Was werden wir auch für die Nachwelt noch dokumentieren? Fragen über Fragen. Warum ich den Artikel schreibe? Es gibt eine neue Rechtssprechung zu einem fotografischen Vorfall. Und dieser kann auch einigen Einfluss auf die Fotografie haben. Es sei gesagt. Ich bin kein Jurist. Ich lese einfach viel quer und folge Anwälten in den sozialen Welten. Mich interessiert es auch, wie sich das Thema DSGVO in der Fotografie niederschlägt. Zudem habe ich auch beruflich mit dem Thema zu tun. Von daher passt das auch toll zu meinem persönlichen Hobby, der Fotografie.

Ich habe hier noch einen tollen Artikel gefunden -> Fotografieren und DSGVO – Es geht auch ohne Einwilligung (datenschutzkanzlei.de)

https://www.rechtsanwalt-gessner-berlin.de/recht-am-eigenen-bild

Diskussionen – DSGVO ja oder nein

Das ist ja seit Mai 2018 eine ewige Diskussion. Wenn ich nun privat draußen auf der Straße fotografiere und ich rede rein von der Aufnahme und nicht von der Publikation, dann war eigentlich stets die Annahme, dass dies unter die Haushaltsaufnahme fällt. Ergo privat und somit kein DSGVO Thema. Schwenken wir kurz rüber zum KUG. Das regelt lediglich die Verbreitung der Aufnahmen. Aber nicht die Aufnahme. Also auch erstmal kein Thema. Man dachte. Hey. Bin ja doch frei und kann eigentlich zumindest mal fotografieren. Tja nun. So war auch mein Verständnis bisher. Und dann kam am 20.05.2021 eine Meldung vom AG aus Hamburg, die eben diese Tatsache auf den Kopf stellt.

Kann ich solche Aufnahmen in Zukunft noch anfertigen?

Um was geht’s bei der Rechtsprechung?
Rechtsprechung – Justiz – Portal Hamburg (rechtsprechung-hamburg.de)

Es geht darum, dass eine Person aus einem PKW heraus, Fotografien von einer anderen Person vor einem Fahrradladen angefertigt hat, ohne Erlaubnis einzuholen. Das Mobiltelefon wurde polizeilich beschlagnahmt und der Fall ist vor Gericht gelandet. Interessant ist die Tatsache, dass eben die angeklagte Person von der Aufnahme im privaten Sinne spricht bzw. diese lediglich für private Zwecke angefertigt hat. Und noch viel interessanter. Die beklagte Person hat auch angegeben, dass die Aufnahmen „nicht“ weiter verbreitet“ werden sollten.

Und es gibt nun einmal die DSGVO Haushaltsausnahme, die die Aufnahmen im privaten / familiären Rahmen zulässt. Nun kam aber das AG in Hamburg und sagte: Neeeee, so ist das nicht. Der Betroffene hat das falsch interpretiert, wenn daraus die Schlussfolgerung erfolgt, dass es jedem frei steht, in der Öffentlichkeit Aufnahmen von fremden Personen anzufertigen. Der Datenschutzbeauftrage hat ergänzt, dass das fotografieren fremder Personen in der Öffentlichkeit den privaten Rahmen verlässt. Familienfeier etc. sind quasi in Ordnung, aber keine heimlichen Aufnahmen fremder Personen in der Öffentlichkeit.

Was ist nun das Ergebnis. Ganz einfach. Es ist ein Verstoß gegen die DSGVO (Art. 83 Abs. 5 DSGVO), da es eben keine valide Rechtsgrundlage gibt. Außer er hätte in diesem Fall die Einwilligung eingeholt. Was das heißt könnt ihr auch hier lesen. Art. 83 DSGVO – Allgemeine Bedingungen für die Verhängung von… – dejure.org

Fazit oder Schlussfolgerung

Wenn man sich nun eben dieses Ergebnis ansieht, wäre das in meinen Augen wirklich der Todesstoß für die Fotografie in der Öffentlichkeit (Nachtrag: Aufnahmen mit deutlich erkennbaren Personen). Und es geht hier rein um die Aufnahme. Wenn nun die reine private Aufnahme schon unter eine Einwilligung fällt, dann gibt es auch keine andere Rechtsgrundlage auf die man sich stützen kann. Heißt aber was genau? Wenn ich nun privat unterwegs bin und ein Gebäude fotografiere, in dem Moment läuft eine Person in das Bild und wäre als solche auch erkennbar, würde das rein theoretisch schon darunter fallen. Anders wäre es sicherlich bei Gruppen von Menschen.

Und Achtung. Es geht nicht um das Verbreiten der Werke. Hier geht es ja auch schon ewig um das Thema: KUG oder DSGVO.

Ein kleiner Lichtblick (eventuell)

Christian Eggers nordbild.com beschäftigt sich mit den Themen Datenschutz, Medienrecht und hat mir netterweise noch eine Ergänzung zukommen lassen. Innerhalb künstlerische Zwecke angefertigte Bilder stellen eine Ausnahme dar. Was auch immer unter „künstlerische Zwecke fällt“.

§ 12 HmbDSG – Datenverarbeitung zu künstlerischen Zwecken (dsgvo-gesetz.de)

Frage an euch.

Wie geht ihr damit nun um?

Beitrag erstellt 88

12 Gedanken zu „Streetfotografie – Doch keine Haushaltsausnahme (DSGVO)?

  1. Moin Markus,
    wenn das Gericht, dies wirklich so auslegt wie du es hier beschreibst, dann darf man auf der Straße niemanden mehr fotografieren – also keine Streetfotografie mehr betreiben. So ist auch mein Verständnis.
    Dies ist meiner Meinung mal wieder so richtig typisch Deutsch! Ja, der Datenschutz und das Recht am eigenen Bild ist auch in meinen Augen ein hohes Gut welches bewahrt und geschützt werden muss. Aber wie so oft wird, wenn es um diese Dinge wie Datenschutz geht, nicht mit Augenmaß geurteilt, sondern diese Gesetze gerne als Ausrede und Vorwand benutzt.
    Mir fehlt bei der Auslegung der ganzen Gesetze einfach der gesunde Menschenverstand – schade um die Streetfotografie!
    Gruß Matthias

  2. Hallo Matthias,

    ja vielen lieben Dank für dein Feedback. In der Tat. Sehe ich auch so. Das wäre rein theoretisch wirklich ein Gnadenstoß. Zumal man noch gar nicht weiß, welches Strafmaß das Ganze hat. Man muss aber auch vorsichtig sein. DSGVO bzw. GDPR gilt europaweit. Nur haben manche Länder das anders umgesetzt oder auch Ausnahmen geschaffen. Aber man rechne sich aus, wenn das nun die Runde macht. Bist irgendwo unterwegs, fotografierst und dann kommt man in die Situation mit der Tatsache, dass deine Kamera beschlagnahmt wird.

  3. Moin Markus,
    wenn ich jeden der zufällig durchs Bild läuft erst fragen muss, ist es für mich nicht mehr streetfotografie…
    Dann kommt es doch einer eher gestellten Szene gleich. Hinterher fragen geht auch nicht immer… ein Endlosthema
    Frohe Pfingsten
    und LG Manuela

  4. Hallo Manuela,

    ja, ein sehr berechtigter Punkt. Was ist dann eigentlich noch Streetfotografie? Wenn man es streng auslegt gibt’s das nicht mehr. Und selbst jede Einwilligung
    muss man sich ja auch schriftlich geben lassen. Ansonsten steht man ja auch etwas unsicher da. Es ist wie du es sagst. Ein Endlosthema. Aber lassen wir uns die Freude nicht nehmen :).

    Viele Grüße und dir auch ein schönes Wochenende und Pfingsten.

    Grüße

    Markus

  5. Wenn man im öffentlichen Raum Personen ohne ihre Einwilligung so fotografiert dass Rückschlüsse auf deren Identität möglich sind, so ist das nach DSGV ganz einfach nicht erlaubt und auch (nach gesundem Menschenverstand) nicht in Ordnung.

    Damit ist aber nicht gleichzeitig die streetfotografie tot, man muss nur etwas anders arbeiten.
    Darüber hinaus ist die Hürde für eine Beschlagnahme meines Eigentums ziemlich hoch.

  6. Vielen Dank für den Kommentar. Genau. Wie angesprochen. Man muss dadurch anders vorgehen.

    Viele Grüße

    Markus

  7. Ich frage mal ganz blöd in die Runde, gibt es Sonderrechte für Zeitungen etc.? Was ist mit Gebäuden ? was wenn man später auf dem Foto sieht einen Kopf im Fenster, einer Person sieht? Reicht es aus, die Person durch unkenntlich machen markanter Züge, Gesicht etc. zu überpinseln? Schöne neue Welt. Wer braucht noch im Urlaub eine Kamera? da wimmelt es ja nur von Leuten(sollte Corona mal weg sein).

  8. Hallo Wilfried,

    danke für den Kommentar. Ja für Journalisten gibt es auch eine Sonderregelung. Gebäude sind ja kein Problem sofern von allgemein zugänglichen Möglichkeiten aufgenommen. Mir der Person. Gut. Ich denke wenn die nicht das Hauptmotiv ist, stellt die Aufnahme kein Problem dar. Bei dem Zeigen kann es halt wieder zur Diskussion kommen. Und bei Gruppen ist das auch kein Problem. Auch denke ich in Urlaub nicht. Andere Länder haben auch entspanntere Regeln. Das witzige dabei ist doch, dass viele eh mit dem Smartphone aufnehmen und doch keiner weiß wer oder was auf dem Foto ist. Denke in dem Fall war es wahrscheinlich einfach die Kombination. Tendenz zum stalking. Aus dem Auto heraus. Aber es wird wenn überhaupt zu Einzelfall Entscheidungen kommen. Vermute ich einfach mal. Aber man kann es sich auch streng für sich auslegen und sagen. Aufnahme und Publikation ohne Einwilligung bzw. Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung sind schwierig

  9. Hallo Markus,
    ich bin deiner Meinung! Fotografie unterliegt ja auch einer gewissen Kunstfreiheit. Wenn man so streng mit Bildern umgeht, dann ist das echt Schade.
    Liebe Grüße
    Simon

  10. Ich wäre mit der Erwähnung der Kunst-Ausnahmen immer sehr vorsichtig, weil viele Fotograf:innen „Kunst“ fahrlässig bzw. (mutwillig) missverstehen (wollen). Das ging besonders nach dem Bunderverfassungsgerichtsurteil gegen Espen Eichhöfer steil. Es wird von denen gerne übersehen, dass 99% von dem, was regelmäßig so bei Fb und Co abgeklappt wird, eben KEINE Kunst im Sinne der Rechtsauslegung ist und dass selbst wenn es Kunst sein sollte, diese aber auch nur in dem der Kunst üblichen Raum veröffentlicht werden darf. In Galerien, in Büchern, aber nicht in der breiten Öffentlichkeit. Deswegen hat ja Eichhöfer auch was vom Gericht auf die Finger bekommen, was die meisten aber wieder gerne ausblenden …

  11. Hi Erik,

    vielen lieben Dank für deinen Kommentar. Jap. Das wollte ich damit auch ausdrücken. Es wird gerne „falsch“ verstanden bzw. man definiert sich hier seine eigene „Legitimation“. Und das „kann“ auch nach hinten losgehen.

    Liebe Grüße

    Markus

  12. Gerichtsentscheidungen sind erst ab Oberlandesgericht aufwärts interessant. Erst dann orientieren sich andere Gerichte an solchen Urteilen.
    Außerdem fehlt hier ein entscheidender Aspekt: Streetfotografie ist ein Grundrecht (Kunstfreiheit). Das hat das BVerfG entschieden. Und nur bei schwerwiegender Persönlichkeitsrechtsverletzung der abgebildeten Person muss es zurücktreten. Im obigen Fall spielt die Kunstfreiheit keine Rolle.

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