Was hat das mit Fotografie zu tun?
Mehr als man denkt. Lasst es mich vorab erklären. Es geht mir um ein wichtiges Thema. Es geht mir hier um die Menschen, die nicht an Weihnachten in der warmen Stube feiern können. Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben und keinen Platz in der Mitte der Gesellschaft haben. Menschen, die vor uns sitzen. Im Sommer und im Winter. Mit all ihrem letzten Gut, welches sie besitzen. Und lasst mich eins noch erwähnen. Es ist leider wichtig zu erwähnen, da dieses Thema gerade im Fotobereich sehr häufig zu Diskussionen führt. Mir geht es darum, einfach nochmal deutlich zu machen, wie diese Menschen gerade im Winter leiden. Und wir täglich an Ihnen vorbeilaufen. Teils wegschauen, teils nur schnellen Blickes würdigen und weiter an unseren warmen Arbeitsplatz rennen. Oder in die Stadt um einzukaufen. Oder in unsere warmen Wohnung.
Und was trägt die Fotografie dazu bei?
Fotografie ist ein mächtiges Werkzeug. Mit Bildern kann man informieren, manipulieren, aufklären, überzeugen, Freude schenken. Man kann die schönen Dinge zeigen, die Schattenseiten zeigen und Geschichte festhalten. Was sie nicht tun sollte ist manipulieren und Menschen diskriminieren, herabwürdigen und ins Lächerliche ziehen. Sie sollte nicht dazu verwendet werden um Likes zu generieren oder als der „Straßenfotograf“ rumzurennen. Vielleicht kommen wir dem Thema schon näher. Es geht um das Thema Obdachlosigkeit, die Menschen die darunter leiden und was wir tun können um zu helfen.
Oh du fröhliche.
Gilt das für alle Menschen? Nein, mitnichten. Die Gesellschaft ist durchzogen von Reichtum und Armut. Schicksale prägen uns Menschen. Und jedes Jahr feiern wir das Fest der Nächstenliebe. Jesus Geburt. Aber konzentriert man sich wirklich nicht nur auf sich selbst und seine nächsten Lieben? Oder auch auf Diejenigen, die nicht zur näheren Familie gehören? Bitte nicht falsch verstehen. Es soll nicht urteilen oder verurteilen. Nur etwas zum Nachdenken anregen.
Lassen wir das Bild mal kurz auf uns wirken
Bitte nochmals. Lasst es erst einmal wirken. Mir geht es nicht um Bildaufbau, oder Technik, oder oder. Es geht mir um das Thema. Und ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich es veröffentlichen soll. Und habe mich dazu entschlossen, es zu zeigen.
Die Geschichte
Ich gehe täglich arbeiten. Und ich steige aus dem Bahnhof aus und laufe aus dem Gebäude raus. Und ich sehe ihn jeden Tag dort sitzen. Im Sommer und im Winter. Und meistens stehe ich kurz da und beobachte ihn. Und die Menschen. Wie reagieren Sie. Wie reagiert er. Er sitzt einfach da und schaut. Manchmal raucht er vor sich hin und nippt am Kaffee. Manchmal schmeißt jemand was in den leeren Pappbecher. Und er sagt Danke. Er ist nicht aufdringlich, bettelt nicht um Geld, bettelt nicht um Essen. Er sitzt einfach da. Und das jeden Tag. Und es bewegt mich einfach. Ich weiß, man kann nicht jedem helfen. Und es gibt viele Menschen, denen es nicht gut geht. Aber es ist ja auch kein Grund, keine Regung zu zeigen. Oder sich nicht die Zeit nehmen, darüber nachzudenken. Ich weiß, es ist schwierig. Wahrscheinlich gibt es auch keine Lösung. Aber vielleicht „Menschlichkeit“. Und irgendwie ist doch die Zeit für Menschlichkeit. Mehr Menschlichkeit.
Teil 2
Auch heute bin ich wieder auf dem Weg zur Arbeit. Es waren Minusgrade. Heute saß er wieder da. Mit der Zigarette im Mund. Ich stand wieder da und habe überlegt ob ich Geld in die Tasse werfen soll. Ja, ich schmeiße Geld in den Becher. Nicht immer, aber regelmäßig. Und ja, ich weiß, dass es nicht immer gut ist, Geld zu geben. Keine Frage. Aber heute war alles anders. Ich habe gefroren und hatte meine dicke Winterjacke, Mütze und Handschuhe an. Und er saß einfach da. Und irgendwie wusste ich nicht wie ich helfen soll. Also bin ich hin und habe gefragt ob er einen Kaffee möchte. Er verneinte und meinte er habe schon einen Kaffee. Ich fragte ob er einen Tee möchte. Er lachte, zeigte seine paar Zähne und freute sich. Ja, Tee wäre gut. Also bin ich in die Bahnhofshalle und habe einen Becher Tee gekauft. Und das möchte ich nun während der Winterzeit machen. Eine kleine Freude machen und Helfen.
Und zum Abschluss noch ein weiteres Bild. Passend dazu die Becher mit der Aufschrift „Glücksmoment“. Vielleicht ist es ja ein kleiner Glücksmoment für Ihn.
Warum hast du das fotografiert?
Das ist natürlich ein berechtigte Frage. Ein Thema das gerne diskutiert wird. Lasst es mich vorwegnehmen und es wiederholen. Es geht hier einfach um etwas Aufmerksamkeit für die Menschen. Und wenn man es nicht zeigt, dann kann der Text oft keine Wirkung entfalten. Und nein, auch ich bin nicht perfekt. Darum geht es mir auch nicht. Nicht um mich, nicht um die Fotografie. Es geht um die Menschen, denen wir helfen können. Und total unabhängig wie und wem wir helfen. Es gibt Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind. Vielleicht hilft es ja einfach, etwas über den Tellerrand zu schauen. Mal zu schauen, was draußen passiert. Den Kältebus rufen, eine Spende tätigen, eine Tasse Tee zukommen lassen, einen Schlafsack spenden, warme Sachen, oder oder oder. Die Welt ist doch vielfältig. Lasst es uns leben. Das Miteinander. Und nicht (ver)urteilen.
Oh du Fröhliche